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Reform des Nachweisgesetzes

Schon 1995 wurde das Nachweisgesetz (NachwG) eingeführt. Zweck des Gesetzes war und ist es, alle Arbeitgeber in Deutschland zu verpflichteten, die wesentlichen Vertragsbedingungen gegenüber den Beschäftigten schriftlich niederzulegen, auch wenn zum Beispiel nur ein mündlicher Vertrag geschlossen wurde. Es war – und bleibt – also zulässig, mündliche Arbeitsverträge abzuschließen, aber alle mündlichen Vereinbarungen mussten und müssen in ihren Grundzügen schriftlich festgehalten werden. In der Praxis wurde dem NachwG kaum Beachtung geschenkt, weil es bisher keine Sanktionen für eventuelle Verstöße gab.

Nachdem die Europäische Union jedoch eine neue EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie (EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen) erlassen hat, wurde unter anderem das NachwG mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 und anderer Gesetze“ überarbeitet und verschärft.

Mündliche Arbeitsverträge bleiben zwar unverändert zulässig. Allerdings drohen nun Bußgelder, wenn Arbeitgeber nicht sämtliche wesentlichen Arbeitsvertragsinhalte schriftlich, detailliert und verständlich niederlegen.

Hinweis:

Für Arbeitgeber lohnen sich mündliche Arbeitsverträge zukünftig kaum noch, weil die Einhaltung der erforderlichen Informationspflichten mit so hohem Aufwand verbunden ist, dass man besser direkt einen schriftlichen Arbeitsvertrag schließen kann.

Geltungsbereich

Das NachwG bezieht sich auf alle Arbeitsverträge, auch auf solche für kurzfristige Aushilfen, geringfügig entlohnte Beschäftigte, Auszubildende und Praktikanten (soweit Arbeitnehmer im Sinne von § 22 Absatz 1 Mindestlohngesetz) sowie Leiharbeitnehmer. Nicht anzuwenden ist das Gesetz auf Werkverträge, selbstständige freie Mitarbeiter und freie Handelsvertreter.

Wirksamkeit der Neuregelungen

Die neuen Regeln und Informationspflichten für Arbeitgeber gelten ohne Übergangsfrist seit dem 1. August 2022 bei allen Neueinstellungen, sofern die Beschäftigten keinen detaillierten Arbeitsvertrag erhalten.

Änderungen im Einzelnen

Bestehende mündliche Verträge bleiben wirksam, und es ist auch weiterhin möglich, solche zu schließen. Wenn jedoch mündliche Arbeitsverträge geschlossen werden, muss jeder Arbeitgeber nunmehr erweiterte Informations- und Dokumentationspflichten auch für diese Verträge beachten, § 2 NachwG.

Wichtig:

Die Schriftform ist für Arbeitgeber Pflicht, die digitale Form ist in diesem Zusammenhang gesetzlich ausnahmslos ausgeschlossen!

Der Vertrag an sich kann grundsätzlich weiterhin formlos geschlossen werden. Alle wesentlichen Vertragsbestimmungen müssen aber nach § 2 Absatz 1 NachwG schriftlich niedergelegt, vom Arbeitgeber unterschrieben und den Beschäftigten ausgehändigt werden. Das entspricht der Schriftform nach § 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Informationspflichten bei bestehenden Arbeitsverträgen

Bei Arbeitsverhältnissen, die schon vor dem 1. August 2022 bestanden haben, gibt es in § 5 NachwG eine Übergangsregelung. Auf Verlangen der Beschäftigten muss der Arbeitgeber innerhalb von sieben Tagen nach Zugang der Aufforderung alle relevanten Angaben zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses schriftlich aushändigen.

Dazu gehören Angaben zu:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien,
  • Beginn des Arbeitsverhältnisses,
  • Dauer der Probezeit,
  • bei befristeten Arbeitsverhältnissen: Dauer und Enddatum,
  • Arbeitsort,
  • Tätigkeitsbeschreibung,
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts,
  • Arbeitszeit,
  • Regelungen zur Arbeit auf Abruf sowie
  • die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden.

Weitere Angaben sind innerhalb eines Monats niederzulegen.

Wichtig:

Diese Informationspflicht besteht nur bei ausdrücklicher Aufforderung durch die Beschäftigten.

Auswirkungen auf andere Gesetze

Im Rahmen der Reform des NachwG wurden auch andere arbeitsrechtliche Regelungen angepasst, Gesetzesänderungen gibt es unter anderem:

  • im Berufsbildungsgesetz (BBiG),
  • im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG),
  • im Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG),
  • in der Gewerbeordnung (GewO) und
  • im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).

Auf die wichtigsten Auswirkungen gehen wir nachfolgend ein.

Die Reform des NachwG hat sich auch auf andere gesetzliche Regelungen ausgewirkt. In der Praxis dürften die Änderungen im TzBfG relativ hohe Bedeutung haben. Verlangt ein wenigstens seit sechs Monaten in Teilzeit Beschäftigter eine Änderung seines Arbeitsverhältnisses, vor allem eine Erhöhung der Arbeitszeit, muss der Arbeitgeber seit dem 1. August 2022 innerhalb eines Monats begründet und in Textform auf diese Veränderungsanzeige antworten.

Ein identischer Anspruch auf schriftliche Information besteht, wenn befristet Beschäftigte nach mindestens sechsmonatigem Arbeitsverhältnis Interesse an einer unbefristeten Beschäftigung anzeigen. Sie sind dann über die Arbeitsplatzsituation zu informieren.

Hinweis: Der Unterschied der Textform (§ 126b BGB) zur Schriftform (§ 126 BGB) besteht lediglich darin, dass die Schriftform zusätzlich eine Unterschrift verlangt.

In einem befristeten Arbeitsverhältnis muss eine vereinbarte Probezeit künftig in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses stehen, wobei dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, was unter einer „angemessenen“ Dauer zu verstehen ist.

Bei einem mehr als vierwöchigen Auslandseinsatz gelten zusätzliche Informationspflichten. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Beschäftigung in einem EU-Mitgliedstaat erfolgt oder nicht. Zunächst müssen zusätzlich generell folgende Informationen niedergelegt werden:

  • in welchem Land oder welchen Ländern soll der Auslandseinsatz erfolgen,
  • die geplante Dauer der Auslandstätigkeit,
  • die Währung, in der die Entlohnung erfolgen soll,
  • eventuelle zusätzliche Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten,
  • Angaben zur Rückkehr der Beschäftigten.

Nur bei einem Arbeitseinsatz in einem EU-Mitgliedstaat müssen weitere Informationen schriftlich niedergelegt werden. Dazu gehören:

  • die Entlohnung, auf welche die Beschäftigten nach dem Recht des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, in dem oder in denen der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, Anspruch haben und zusätzlich
  • einen Link zu der einzigen offiziellen nationalen Website vom Binnenmarkt-Informationssystem der EU im Sinne der IMI-Verordnung (vergleiche dazu https://eur-lex.europa.eu).

Verstöße gegen die Vorgaben des NachwG gelten seit dem 1. August 2022 als Ordnungswidrigkeit und können ein Bußgeld von bis zu 2.000,00 Euro nach sich ziehen – und zwar für jedes einzelne Arbeitsverhältnis!

[Bearbeitungsstand: 1.1.2023]